Corona in Tansania

 

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Auch in Tansania gibt es nun die ersten Corona-Fälle. Nachdem das Virus bei 19 Personen nachgewiesen wurde, hat die Regierung jetzt die Schulen und Universitäten für 30 Tage geschlossen und Menschenansammlungen untersagt. Personen, die einreisen, müssen sich 14 Tage in Selbst-Quarantäne begeben (Stand 31.3.2020).

Trotz der bisher geringen Fallzahlen betrachtet die WHO die Situation in Afrika mit Sorge. "Unsere größte Sorge ist, dass Covid-19 auf Länder mit schwächeren Gesundheitssystemen übergreift", hatte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus schon zu Beginn der Epidemie gesagt. 

All das, was wohlhabende Länder jetzt unternehmen - Kontakte von Erkrankten aufspüren, Verdachtsfälle schnell testen, Schutzausrüstungen aufstocken, Behandlungskapazitäten stärken -, ist in in Tansania kaum denkbar. Selbst die simplen Präventionsmaßnahmen wie häufiges Händewaschen und das Meiden von engem Kontakt zu potenziell Erkrankten sind in vielen Regionen illusorisch. 

„Mission Eine Welt“ berichtet von einem Mangel an Pflegepersonal in Tansania, vor allem in ländlichen Regionen, obwohl das Land viele Ausbildungsstätten besitzt. Viele Absolventen ziehen es jedoch vor, ins Ausland zu gehen, wo sie auf bessere Arbeitsbedingungen hoffen. Zudem trauen 70% der Bevölkerung traditionellen Heilmethoden mehr als der modernen Medizin, staatliche Behandlungseinrichtungen haben oft einen eher schlechten Ruf, was der Umsetzung von medizinischen Präventionsmaßnahmen oft im Wege steht. Die wenigen Zentralkrankenhäuser, die internationale Standards erfüllen, erreichen nur 10% der Bevölkerung. Über Intensivstationen verfügen weniger als ⅓ der Krankenhäuser, in Intensivmedizin geschultes Personal ist noch seltener. 

Erfahrungsbericht von Dr. Gunter Dorsch

"Von 1987 bis 1991 war ich als Chirurg in Tansania tätig. Wenn ich mir vorstelle, damals wäre eine Corona-Epidemie ausgebrochen, ist klar, dass das System in kürzester Zeit vollkommen zusammengebrochen wäre.

Damals war eines der größten Probleme die Malaria. Auf der internistischen Station, für die ich gelegentlich auch zuständig war, wurden sämtliche internistischen Diagnosen, Herzbeschwerden, Stoffwechselstörungen usw. von der Malaria „erschlagen“, die gingen in der Masse der Malaria-Erkrankungen einfach unter. In späteren Jahren geschah dasselbe mit HIV/Aids. Das erlebte ich 2001 bei einem Kurzeinsatz in Südtansania. Die Stationen waren voll mit HIV-Patienten, Diagnostik und Operationen waren fast unmöglich. Intensivstationen und Beatmungsgeräte gab es damals so gut wie gar nicht.

Einzelfälle darf man allerdings niemals verallgemeinern. Derartige Verallgemeinerungen erlebt man im Moment vor allem in Kreisen von Fundamentalisten. Der autoritär regierende tansanische Staatspräsident Magufuli äußerte sich so: „Corona kann nicht im Körper von Jesus überleben, es wird verbrennen“ Mit einer solchen Einstellung öffnet man der Epidemie Tür und Tor. (so in der SZ vom 24.3. unter der Überschrift „Beten gegen das Virus“.) Hochkonjunktur bietet das Corona-Virus für Medizinmänner, die alle möglichen Blätter und Rituale gegen alle Krankheiten einsetzen (werden). Doch mit einer Bewertung würde ich sehr vorsichtig sein, das genaue Gegenstück dazu sind bei uns die Menschen, die das Problem leugnen, oder einer Verschwörungstheorie Glauben schenken.

Mittlerweile hat sich die Situation in Tansania stark verändert, doch ich fürchte sehr, nicht zum Besseren. Mit steigender Kommerzialisierung steigt vor allem die Kriminalität."

 

Quellen: 

BMC Health Serv Res. 2013; 13: 140.
WHO Afrika
Süddeutsche Zeitung (https://sz.de/1.4823780)
Mission Eine Welt (https://tansania-information.de)
The Citizen (https://www.thecitizen.co.tz/…/1840340-5501032-a…/index.html)